Friday, 10 September 1999

2. Arbeit

Güter und Dienstleistungen werden durch menschliche Arbeit geschaffen. Aber die Arbeit wird systematisch entwertet; dadurch hat sich das Verhältnis zwischen Arbeit und Kapital in den letzten Jahren zugunsten des Kapitals und auf Kosten der Arbeitenden verschoben. In Luxemburg sind die Gesamt-Lohnkosten der Betriebe niedriger und die Profitraten höher als in den Nachbarländern. Unser Netto-Mindestlohn liegt unter der offiziellen Armutsgrenze; und 14% der Bevölkerung sind armutsgefährdet. Ende Juli 2013 waren 21.589 Menschen in Luxemburg bei der Adem als Arbeitsuchende gemeldet – Beschäftigungsmaßnahmen mitgerechnet. Die Arbeitslosigkeit ist ein gesellschaftliches Problem. Wir weigern uns es auf dem Rücken der Arbeitslosen, auch der jungen Arbeitssuchenden, auszutragen, wie es seit dem berüchtigten „5611“-Gesetz geschieht, gegen das die Jugend auf die Straße ging.

déi Lénk wollen:

1. Den Verlust der Kaufkraft bei Löhnen, Gehältern, Pensionen und allen Sozialzuwendungen wieder bedingungslos, vollständig und automatisch durch den Index ausgleichen (keine Deckelung, keine Manipulation des Warenkorbes, keine Verschiebungen).

2. Den Mindestlohn erhöhen, damit er die Arbeit gerecht entlohnt und zum Leben genügt, sowie regelmäßig anpassen. Es darf keine working poor mehr geben; deshalb muss der Mindestlohn deutlich über der Armutsgrenze liegen – also mindestens 300 Euro höher als heute. Wir wollen keine direkten oder indirekten Subventionen an die Unternehmer zulassen, um die Mindestlohnanpassungen zu kompensieren.

3. Gesetzliche Mindestnormen einführen zur Anerkennung der Qualifikation, der Berufserfahrung und der Weiterbildung in allen Wirtschaftsbranchen, wie bereits in verschiedenen Kollektivverträgen praktiziert. Das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ muss allgemein gelten, und besonders zwischen den Geschlechtern.

4. Die Arbeitsuchenden weiterqualifizieren über den Weg der öffentlich organisierten Berufsausbildung. Auch die „Beschäftigungsmaßnahmen“ für Arbeitslose durch wirkliche Weiterbildung ersetzen, die eine definitive Beschäftigung ermöglichen. Das Arbeitsamt muss dringend mehr und qualifiziertes Personal sowie gesetzlich zwingende Mittel zur Begleitung der Arbeitslosen erhalten. Auch RMG-Bezieher sollen reelle Chancen auf einen dauerhaften Arbeitsplatz erhalten.

5. Die Arbeitslosen während der gesamten Dauer ihrer Arbeitssuche entschädigen.

6. Die berufliche Wiedereingliederung (reclassement) von Beschäftigten – auch im öffentlichen Dienst – so ausbauen, dass Arbeitsplätze auf die Bedürfnisse der Betroffenen ausgerichtet werden können. Das gleiche gilt für die Frauen und Männer, die z.B. nach einer Familienpause in die Berufswelt zurückkehren.

7. Die Eingliederung von behinderten Personen in die Arbeitswelt – auch in private Betriebe – verstärkt vorantreiben, durch konkrete Maßnahmen wie job coaching, persönliche Assistenz auf der Arbeit oder peer consulting. Auch in den Behindertenwerkstätten müssen Weiterbildungsmöglichkeiten angeboten und Berufserfahrungen anerkannt werden.

8. Das Kollektivvertragswesen und die Verhandlungsrechte der Gewerkschaften stärken, und die Mitbestimmung des Personals und die Rechte der Personalvertreter in den Betrieben konsequent ausbauen, auch um die notwendigen Investitionen abzusichern und rechtzeitig auf wirtschaftliche Schwierigkeiten reagieren zu können.

9. Entlassungen aus wirtschaftlichen Gründen in Betrieben, die Gewinne abwerfen, unterbinden. déi Lénk haben bereits einen entsprechenden Gesetzvorschlag im Parlament eingereicht, der auch die Mitbestimmungs- und Kontrollmöglichkeiten der Belegschaften stärkt, sowie den Kündigungsschutz und die Kündigungsentschädigungen verbessert; dieser soll schnellstmöglich im Parlament angenommen werden.

10. Europaweite Initiativen fördern zur Verkürzung der Arbeitszeit ohne Lohnverlust, verbunden mit Neueinstellungen. Ein wichtiges Signal wäre ein luxemburgisches Rahmengesetz, das die 35 Stunden-Woche vorsieht. Mit einem 7-Stunden-Tag könnten sowohl Frauen als auch Männer Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren.

11. Die Flexibilisierung der Arbeitszeit im alleinigen Interesse der Betriebsinhaber im Arbeitsgesetz einschränken, keine Verlängerung der Referenzperioden zulassen, Vollzeitbeschäftigung absichern und gewählte Teilzeitarbeit erleichtern. Interimverträge und Zeitverträge (CDD) müssen die absolute Ausnahme sein, auch im öffentlichen Sektor, denn sie sind die Ursache von Prekarität und Arbeitslosigkeit.

12. Kooperative Verwaltungsmethoden im gesamten öffentlichen Dienst einführen, die ausschließlich den Bedürfnissen einer neutralen und unabhängigen Dienstleistung Rechnung tragen und von profitorientierten Verwaltungsmethoden Abstand nehmen. Wir lehnen das geplante Bewertungssystem, Gehälterkürzungen und andere negative Aspekte des „New Public Management“ ab.

13. Mit öffentlichen Beschäftigungsprogrammen sowohl Arbeitsplätze schaffen als auch dringende Probleme beheben, z.B. durch massiven sozialen und ökologischen Wohnungsbau, dezentrale Produktion erneuerbarer Energie, öffentliche Dienstleistungen wie Kinderbetreuung oder Altenpflege unter ordentlichen Bedingungen (siehe Kapitel 4, 5 und 6 des Wahlprogramms).-