Tuesday, 11 February 2020

Klimaplan der Regierung – Zuckerbrot für die Wirtschaft, Peitsche für die Menschen?

Mit dem jetzt vorliegenden kompletten Entwurf des Klima- und Energieplans der Regierung bestätigt sich der erste Eindruck aus der Parlamentsdebatte im Dezember: Große Betriebe und Investoren werden mit freiwilligen Vereinbarungen und Steuervergünstigen gelockt, während die Bürgerinnen und Bürger für den Klimaschutz in die Tasche greifen sollen. Soziale oder steuerliche Kompensationen, um die zusätzlichen Kosten aus CO2-Steuer und Akzisenerhöhungen abzufederen  werden im Plan nur angedeutet. Für Wirtschaft und Finanzen scheint die Regierung jedoch klare Konzepte vor Augen zu haben, auch wenn der englische Neusprech über angeblich bahnbrechende neue Dinge und innovative Konzepte so einiges verschleiert.

So sollen  an der Schnittstelle zwischen Steuer- und Wirtschaftspolitik Maßnahmen zum Greifen kommen, die großen Betrieben und Fonds Investitionen in den Klimaschutz schmackhaft machen sollen. Dabei soll es u.a. darum gehen, mithilfe öffentlich-privater Fonds den Betrieben Zugang zu vergünstigten erneuerbaren Energien zu ermöglichen. Sämtliche Maßnahmen in diesem Bereich sollen auf freiwilliger Basis umgesetzt werden und zielen darauf ab das Risiko bei Klimaschutzmaßnahmen für Betriebe und Investoren zu minimieren. Um zögerlichen Unternehmen auf die Sprünge zu helfen, werden auch neue Steuergeschenke bei Investitionen in Aussicht gestellt.

Auf der anderen Seite stehen die Berufspendler, die Bewohner älterer nicht-sanierter Wohnungen, Rentner und die wachsende Zahl der Haushalte, die bereits heute auf Hilfe vom Sozialamt angewiesen sind, um ihre Wohnung, die Heizkosten und andere laufende Kosten zu decken. Für all diese Menschen gibt es nun die Gewissheit, dass sie in ein paar Monaten verstärkt zur Kasse gebeten werden, wenn sie an der Tanksäule stehen oder ihre Gas- oder Heizölrechnung in den Briefkasten flattert. Die allermeisten dieser Menschen sind nicht in der Lage das Risiko bei Investionen zu minimieren, denn sie können nicht investieren, nicht in Dreifachverglasung, nicht in ein Elektroauto oder in eine Holzpelletsheizung. Sie gehen ein ungleich gefährlicheres Risiko ein als Finanzinvestoren, nämlich das Armutsrisiko.

Inwiefern sich die Regierung der sozialen Sprengkraft ihres Klimaplans bewusst ist, ist noch nicht ganz abzuschätzen. Mit Ausnahme eines möglichen Steuerkredits für niedrige Einkommen bleiben mögliche soziale Kompensationen im Unklaren. Der Verweis im Klimaplan auf  den REVIS, die Teuerungszulage oder den Mindestlohn ist für déi Lénk in diesem Zusammenhang ein schlechter Scherz, denn sogar der Mindestlohn liegt knapp unterhalb der Armutsgrenze, nicht zu sprechen vom REVIS. Zudem wird die Steuerreform wohl erst frühestens ab 2022 greifen und die sozialen Kompensationsmaßnahmen müssen erst einmal ausgearbeitet und anschließend umgesetzt werden.

Wenn der Klimaschutz Erfolg haben soll – und das muss er -, müssen die Ursachen und Risiken des Klimawandels und der wachsenden Ungleichheiten verknüpft und gemeinsam bekämpft werden. Wenn in den nächsten Jahren ständig mehr Menschen zum Sozialamt gehen müssen, um über die Runden zu kommen, wird die soziale Akzeptanz der Klimapolitik sehr schnell verschwunden sein.

déi Lénk haben in diesem Sinne bereits Vorschläge erarbeitet. Wir wollen den Mindestlohn deutlich erhöhen auf 60% des Medianlohns (also auf mehr als 2400€ im Monat), die Entwicklung der Mieten drastisch drosseln (Gesetzesentwürfe N° 7094 und N°7257), die Gemeinden dazu verpflichten günstigen Wohnraum zu schaffen und ein weitgreifendes, öffentlich finanziertes Wohnungssanierungsprogramm, nach sozialen und ökologischen Kriterien gestaffelt, starten (Motion vom 19. Dezember 2019).